Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) untersagen ab dem 1. Mai die Mitnahme von E-Scootern in den Bussen, Trams und U-Bahnen sowie in den U-Bahnhöfen.
Die grüne Vision von der „Floating Mobility“ in Berlin droht aus der Zeit zu fallen. Noch im Jahr 2019 war man optimistisch: „Mobilität ist der Dreh- und Angelpunkt der heutigen Gesellschaft und verleiht beweglichen Strukturen die Fähigkeit, dem Tempo des modernen Lebens und den globalen Tendenzen zu folgen und gleichzeitig die Bedürfnisse der Menschen zu verstehen und zu befriedigen“ (in: Floating Solutions: The New Meaning of Mobility, Conference Paper, 18. Juli 2019 SPRINGER LINK ).
E-Scooter versprachen die grüne und nachhaltige Mobilität, und Freiheit und Abenteuer in der Stadt.
Die BVG verweist auf das Brandrisiko
Nicht betroffen von dem Verbot sind E-Fahrräder, E-Rollstühle oder E-Seniorenmobile, wie die BVG in der letzten Wochen mitteilte. Fahrgäste sollen etwa über Ansagen informiert werden.
Hintergrund für die neue Regelung ist nach Angaben der BVG das Brandrisiko durch die Roller. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sprach sich im schon Februar 2024 für ein Mitnahmeverbot von E-Scootern in öffentlichen Verkehrsmitteln aus.
Grund hierfür sei „der niedrige Sicherheitsstandard der verbauten Lithium-Ionen-Akkus und damit verbunden ein erhöhtes Brand- und Explosionsrisiko sowie die gesundheitsschädliche Rauchgasfreisetzung“.
Der ADAC berichtet: In London, Barcelona und Madrid habe es bereits durch E-Scooter ausgelöste Brände und Explosionen in ÖPNV-Fahrzeugen gegeben. Dies könne jederzeit auch in Deutschland passieren, hieß es seitens des VDV. Man sehe sich daher aktuell dazu gezwungen, die Mitnahme solcher Fahrzeuge in Bussen und Bahnen nicht mehr zu empfehlen.
Berliner Verkehrsbetriebe verhalten sich abwartend
Die BVG will die weitere technische Entwicklung bei den E-Tretrollern und auch die Situation in anderen Städten kontinuierlich beobachten und evaluieren. Die Sicherheit aller Fahrgäste und Mitarbeitenden hat dabei immer Priorität.
Für die Anbieter und Betreiber der E-Scooter ist das ein harter Schlag, der sich auf das stadtweite Mobilitätsangebot auswirkt: Innenstadt und Stadtrand werden damit quasi entkoppelt! — Wer als ein Berufspendler von zu Hause bis zum Arbeitsplatz mobil planen will, muss nun täglich vier E-Scooter nutzen:
- einen E-Scooter auf der ersten Meile zum ÖPNV-Haltepunkt,
- einen zweiten E-Scooter am ÖPNV-Zielpunkt.
- Nach Feierabend sind jeweils wieder zwei E-Scooter gefragt — in umgekehrter Fahrrichtung.
Für die Flotten-Nachfrage wird sich das fatal auswirken: die Verteilung der E-Scooter wird sich künftig durch eine geteilte Nachfrage gravierend verändern! Die Betreiber müssen mit höheren Standzeiten und längeren Zeiten ganz ohne Nachfrage einstellen. Die Wirtschaftlichkeit der Betreibermodelle könnte damit sogar ganz in Frage gestellt werden.
Das Ziel, E-Scooter zur Reduzierung des Autoverkehrs von Berufspendlern zu nutzen, wird zumindest teilweise konterkariert.
In jedem Fall kommt nun die grüne, nachhaltige Vision von „Floating Mobility“ in Berlin auf den Prüfstand!
TÜV attestiert zugelassenen E-Scooter ein hohe Sicherheitsniveau
Die in Deutschland zugelassenen E-Scooter verfügen über ein hohes Sicherheits- und Brandschutzniveau, das mit dem von Pedelecs bzw. E-Bikes vergleichbar ist. Zu dieser Einschätzung kommt eine Expertengruppe der im TÜV-Verband organisierten TÜV-Unternehmen. „Serienmäßig produzierte E-Scooter-Modelle müssen eine unabhängige Prüfung durchlaufen, bevor sie vom Kraftfahrt-Bundesamt eine Straßenzulassung erhalten“, sagt Richard Goebelt, Fachbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität beim TÜV-Verband. „Im Rahmen dieser technischen Prüfung werden umfangreiche Tests der Batteriesicherheit vorgenommen. Daher gehen wir davon aus, dass ein hohes Brandschutzniveau bei E-Scootern gewährleistet ist.“ Die Prüfungen erfolgen auf der Grundlage umfassender gesetzlicher und normativer Anforderungen. Anlass für die Einschätzung des TÜV-Verbands ist eine Empfehlung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), der den Betriebsverantwortlichen der Verkehrsbetriebe nahelegt, die Mitnahme von E-Scootern in Bussen und Bahnen aus Brandschutzgründen zu verbieten.
„Die Entscheidung über die Mitnahme von E-Scootern im ÖPNV obliegt den Betriebsverantwortlichen, die bei ihren Sicherheitsabwägungen verschiedenste Aspekte in Betracht ziehen müssen“, sagt Goebelt. „Dennoch sehen wir ein Mitnahmeverbot kritisch, da E-Scooter über ein vergleichbares Sicherheitsniveau wie Pedelecs verfügen und mit der unabhängigen Drittprüfung als Voraussetzung für die Allgemeine Betriebserlaubnis eine zusätzliche Sicherheitsebene eingezogen ist.“